Montag, 18.3.2024 Reise nach Lesotho
Es war ein himmlischer Abend. Kühl, aber sehr schön. Die Temperaturen gehen hier nachts bis 11 Grad runter, wir sind auch auf 1500m über dem Meeresspiegel!
Ich habe lange auf der Terrasse gesessen. Man glaubt echt, dass hier „versteckte Kamera“ gedreht wird.
Ein Pfiff „hieb/hub“ (also ein hoher und ein tiefer Ton). Alle 3 Sekunden! Die ganze Zeit. Wer pfeift da?
Oder ein anderer „hieb/hub/hiiiieb“ (der 3. Ton ist höher) und auch wieder in penetranter Regelmäßigkeit!
Toll war auch ein Klingeln. So, wie die Glöckchen, die man Katzen umhängt in der Brutzeit der Vögel. Ein permanentes Klingeln, und als ich hingegangen bin, ist es weggeflogen.
Sehr verrückt!
Aber dieser Ort hier ist sehr friedlich und man blickt über die Weiden und die Hügel bis zum Horizont. Direkt bei mir sind auch noch ein paar verrückte kleine schwarze Vögel. Es sind mindestens zehn Stück, die hier herumfliegen und manchmal habe ich das Gefühl, dass sie meinen Kopf mit ihren Flügeln berühren, so dicht fliegen sie vorbei! Ich genieße die Zeit hier absolut!
Es war wieder mal einer der Tage, an denen ich mehr als 250 Fotos gemacht habe! Wegsperren sollte man mich! Aber mal der Reihe nach:
Der Tag fing schon mal doof an. Ich hatte lecker gefrühstückt und mich dann um kurz vor neun in den Wagen geschwungen.
Das erste Stück ist eine furchtbare Holper-Strecke, und am Ende der Strecke fiel mir ein, dass ich meinen Pass vergessen hatte. Super! Also wieder zurück!
Dann bin ich im zweiten Anlauf zu dem Veranstalter der Sani-Pass-Tour gefahren. Google Maps führte mich zuverlässig über die Hauptstraße und hieß mich dann rechts in einen gruseligen Weg abbiegen. Den fuhr ich bis zu dem Punkt, wo Google meinte, dass der Veranstalter seinen Sitz habe.
Hatte er aber nicht!
Also: Rückwärtsgang und wieder zurück zur Hauptstraße. Eine Frau kam, und ich fragte sie. Sani Pass? fragte sie zurück? Ja, antwortete ich. Sie zeigte in eine Himmelsrichtung und meinte: 50 km!
Nein, ich meine den Tour-Veranstalter! Als ich das dreimal gesagt hatte, verstand sie und zeigte mir per Zeichensprache den Weg. 1 Minute später war ich da!
Unser Fahrzeug heute sollte ein zehn Sitzer Toyota Jeep sein. Ein Koloss von Auto, aber da wir nur fünf Personen waren, hörte sich das schon mal gut an. Eine junge belgische Familie kam mit zwei kleineren Kindern.
Sie checkten ein, und die Veranstalterin rief mir zu: Jo, hast du Kinder? und ich antwortete: nein. Dann sagte sie zu dem jungen Pärchen: ich denke, Jo wird Angst vor den Kindern haben. Und ja, ein bisschen Wahrheit war schon dabei, denn die Kinder waren sehr sehr lebhaft!
Ich habe mich dann mit dem Vater, Patrick, Unterhalten. Die Familie ist ausgewandert und wohnt jetzt seit einem halben Jahr in Kapstadt. Sie wissen noch nicht, ob sie da bleiben wollen, das soll sich frei entwickeln.
Aber die Kinder gehen dort zur Schule und dadurch, dass sie viel in der Natur sind, spielen Smartphones überhaupt keine Rolle. Und das sei in Antwerpen anders gewesen. Ein nettes Pärchen!
Dann lernten wir Bongani kennen, einen sehr netten Schwarzen, der unser Fahrer sein sollte. Als es dann ans Einsteigen ging, meinte das eine Mädchen zu ihrem Vater: der Mann kann vorne sitzen, dann kannst du zu uns nach hinten kommen.
Obwohl ich im Stillen ahnte, dass der Vater auch gerne vorne gesessen hätte, nahm ich dankend an! Perfekt!
Wir fuhren los, und Bongani erzählte ein wenig über die Gegend. Hier haben früher Buschmänner gelebt vom Stamm der San. Die haben dann den Pass den Namen gegeben.
Die Strecke zwischen Unterberg und Lesotho ist der einzige Zugang zu dem Land. Das war auch immer so. Andere Straßen, die in das Land hineinführen, gibt es nicht. Früher war das ein reiner Trail für Esel, mit denen man Waren nach und von Lesotho transportiert hat. Die Menschen in Lesotho zu der Zeit hatten kein Geld, sondern es war eine reine Tauschwirtschaft.
Zu Zeiten des Trails dauerte die Reise mindestens zwei Tage, deshalb gibt es unterwegs noch die Ruine einer Handels – und Raststation. Heute haben wir es da bedeutend einfacher.
Wir haben zwischendurch immer mal wieder angehalten, um in Ruhe diese wirklich atemberaubende Gegend zu betrachten und Bilder zu machen. Auch einige Baboons kamen vorbei.
Die Straße führte uns in Serpentinen den Berg hinauf, bis zur südafrikanischen Grenze. Hier mussten wir durch die Passkontrolle und dann ging es weiter. Jetzt kamen wir durch einen über 8 km langes Niemandsland, und der Name war tatsächlich Programm! Um diese Straße hatte sich tatsächlich niemand gekümmert.
Sie zu beschreiben, ist unmöglich. Große Felsen, tiefe Löcher, tiefe Rillen fand man auf diesem sehr schmalen Weg, der natürlich keine Leitplanken hatte, und wo es oft auch sehr schroff und tief bergab ging.
Dieser Weg war definitiv nur mit einem sehr hochbeinigen, geländegängigen Auto mit Allradantrieb zu befahren. Nun habe ich ja so ein Auto daheim und fahre damit auch ab und zu mal einen Bordstein hoch. Aber ich muss zugeben, auf diese Strecke hätte ich mich nicht getraut. Diese Gedanken hatte ich am Anfang, da hatte ich den zweiten Teil noch nicht gesehen. Hier waren die Serpentinen noch sehr viel enger, so dass wir mit dem großen Auto nicht um die Kurven kamen, sondern hin und her rangieren mussten. Das ist auf diesen extrem steilen Steigungen und auf den engen Straßen nicht wirklich ein Vergnügen.
Ein Vergnügen hingegen sind schon die ganze Zeit seit Verlassen von Unterberg diese Berge hier. Ich habe selten sowas Schönes gesehen! Dazu kommt, dass wir heute einen tollen Sommertag haben. Es scheint warm zu werden und es ist kaum eine Wolke am Himmel. Die Sicht ist ausgezeichnet!
Die Menschen in Lesotho sind Hirten, sie haben Merinoschafe und Angoraziegen. Sie leben nicht in dem Hochland, wo wir hinfahren, sondern 50 km weiter in einer Tiefebene auf 1500m. Hier sind wir auf 2800m.
Hier oben ist es kalt und im südafrikanischen Winter schneit es hier auch oft und die Passstrasse ist dann auch noch vereist!
Wir haben dann nach etwas über einer Stunde (so lange haben wir für die 8 km gebraucht) die Grenze nach Lesotho erreicht und überschritten.
Wir sind dann in ein kleines Dorf gefahren, wo wir in einer Hütte ein paar Details über Land und Leute erfahren haben. In der fensterlosen runden Hütte sind außen Sitz- und Liegegelegenheiten und in der Mitte ist ein Feuer. Die Wände sind aus Lehm und aus dem Dung der Tiere, die Dächer aus einem speziellen Gras, das hier wächst.
Das Dach das ist so konstruiert, dass der Rauch von innen abzieht, Regen von außen aber nicht hindurch kommen kann. Das wäre auch vielleicht eine Lösung für so manchen Raucher Haushalt. Die Türe ist so ausgerichtet, dass möglichst viel Licht hinein fällt, aber auf der windabgewandten Seite. Dann wurde uns noch eine Decke vorgeführt. Diese Decke Aus Angora Wolle ist das übliche Kleidungsstück der Hirten gegen die Kälte. Der Präsentator legte sich die Decke an, suchte dann aber auch einen freiwilligen, der das auch über sich ergehen ließ. Zuerst war Patricks Frau dran, dann ich! Legte mir diese sehr warme sehr weiche Decke um, Setzte mir den typischen Hut auf und gab mir einen Stock, um wilde Tiere zu vertreiben. Was man nicht alles mitmachen muss!! Dann bekamen wir noch selbst gemachtes Brot zur Verkostung, das in einem Topf gebacken wird. Sehr lecker.
In dem Land wohnen verschiedene Stämme, die sich dann aber geeint haben. Das Land war bis 1966 unter britischer Herrschaft und ist seitdem unabhängig. Es ist eine konstitutionelle Monarchie mit 2,1 Millionen Einwohnern. Es ist ungefähr so groß wie Belgien! Der höchste Berg in Lesotho geht bis auf 3500 m und ist damit der zweit höchste Berg in Afrika. Zufällig sehe ich während der Präsentation eine Ratte. Sie rannte draußen rum und konnte auch Männchen machen. Bongani sagte mir das sei eine spezielle Art, die hier an die Kälte gut angepasst sei.
In der Zwischenzeit, während wir in der Hütte saßen, fand draußen eine Tanzveranstaltung für die Reisegruppe vor uns statt. Das finde ich persönlich ja sehr gruselig, aber es scheint irgendwie dazuzugehören.
Als die Gruppe dann weg war, lungert die Männer gelangweilt in einer Ecke herum, um sich dann, als wir aus der Hütte kamen, wieder aufzustellen und einen fröhlichen Tanz aufzuführen.
Kingdom in the sky
Von dem Dorf aus sind wir dann wieder zurück zur Grenze gefahren, wo direkt hinter der Grenze, auf der südafrikanischen Seite, die höchste Kneipe Südafrikas ist. Da haben wir eine Pause gemacht und etwas gegessen und getrunken. Während wir da waren, kamen die Wolken. Es sah so aus, als ob der Rückweg nicht mehr ganz so schön werden würde. Aber es war Fehl-Alarm: wenig später stellte sich heraus, dass es nur ein schmales Wolkenwand war und die Rückfahrt war fast noch schöner als die Hinfahrt.
Wären wir noch in der Kneipe warteten, kamen vier Enduros den Pass hoch. Das nenne ich mal Chutzpe! Die Strecke ist selbst zu Fuß schwer zu begehen, wenn man das mit einer Enduro macht, ist man wirklich ein Künstler! Respekt!
Und dann fuhren wir zurück. Wir hatten noch 50 m auf der sehr guten Straße in Lesotho, die übrigens von den Chinesen gebaut worden ist und dann fing die Schotterstrecke wieder an.
Ich erinnere mich so an Momente aus meiner Kindheit, als ich das erste Mal auf einem Zehnersprungbrett in der Badeanstalt stand. Ich stand da, blickte hinunter und dachte: da willst du runter springen? Niemals! Aber ich bin dann doch gesprungen. Die gleiche Frage stellt sich hier. Ich blickte auf den Weg vor mir und dachte: da will der runterfahren? Mit mir? Niemals! Und dann ist er doch gefahren.
Langsam rumpelten wir den Weg hinunter, das linke Rad in einem tiefen Loch, rechts ging es über einen Felsen und das Ganze in einer sehr scharfen Kurve nah am Abgrund. Dann ging es gerade aus, aber links kippen wir in eine tiefe Spur, während rechts noch ein wenig Schotter war. Dann kamen wir zu der Kurve, an deren Außenseite ist sehr steil 100 m bergab ging. Natürlich haben wir die Kurve nicht geschafft sondern mussten rangieren. Ich könnte so endlos weitermachen weil das haben wir 1 Stunde lang ununterbrochen gemacht. Ich hab mich vorne vorne ganz gut festhalten können, sonst sehe ich mit dem Kopf bestimmt ganz oft irgendwo gegen die Karosserie geschlagen, so sehr hatte der Wagen gerumpelt und gewankt. Manchmal ging es sehr steil hinunter, aber ab und zu auch mal einigermaßen geradeaus. Eine absolute Tortur für Mensch und Maschine. Aber ich will es nicht missen! Noch nie habe ich eine solche Landschaft gesehen und noch nie habe ich eine solche Autofahrt gemacht!!
Die Straße ist unbeschreiblich und großes Kompliment an den Fahrer, dass er das so gemeistert hat.
Wieder zurück auf einer normalen Straße kamen in einem 60 km/h wie in einem Rennwagen vor. Und ich war auch irgendwie in den Gedanken und habe dann des Öfteren mal den Fuß vom Gas genommen und wollte auf die Bremse treten als wir auf eine Kreuzung zu fuhren. Auch der Schalthebel rechts neben mir lud mich förmlich ein. Nur ohne Lenkrad macht man natürlich wenig!
…das sind übrigens die Kochtöpfe, in denen damals die Forscher gegart wurden….
Nachdem ich mich von der Truppe verabschiedet habe bin ich noch ins Dorfzentrum gefahren und habe etwas eingekauft. Eine kleine Portion fertiges Curry, dass ich heute Abend zu den Nudeln mischen will, ein paar sehr harte trockene Würstchen (lecker!) Und ein T-Shirt.ein gemütliches kleines Dorf an einem wunderschönen Sommertag. Und wieder in meiner Unterkunft begrüße mich Berry und wir haben noch nett gequatscht. Bis jetzt ist das bei weitem mein bester Tag hier in Afrika!
Ein schöner Tag
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